Vom DRK-Einsatz zum Stil-Einsatz: Was mein Job mit Menschen über Kleidung gelehrt hat

Moin Leute,

mein Leben hat zwei Uniformen. Die eine ist die offizielle Dienstkleidung des Deutschen Roten Kreuzes, die ich als Teamleiter im Hausnotruf trage. Die andere ist meine private „Uniform“ – die Kleidung, die ich als Kuestenkerl wähle, um mich in meiner Haut wohlzufühlen. Lange dachte ich, das wären zwei getrennte Welten. Heute weiß ich: Mein Job beim DRK hat mich mehr über Kleidung gelehrt als jeder Mode-Ratgeber.

Die Uniform des Vertrauens

Wenn ich in meiner DRK-Dienstkleidung bei einem Termin erscheine, ist das Vertrauen oft sofort da. Die Kleidung symbolisiert Hilfe, Verlässlichkeit und eine professionelle Organisation. Im Einsatzfall, wenn es um Sekunden geht, ist den Menschen die Kleidung dann völlig egal – da zählt nur die schnelle Hilfe. Das hat mich eine wichtige Lektion gelehrt: Kleidung kann eine Tür öffnen, aber durch die Tür gehen und überzeugen musst du als Mensch.

Der Kampf um die Passform: Wenn es deine Größe nicht gibt

Die größte Herausforderung für mich war jahrelang die Dienstkleidung selbst. Mit einem Gewicht von 220-230 kg passte mir nichts von der Stange. Wer geht im offiziellen Shop schon davon aus, dass ein Mann mit diesem Gewicht Einsätze fährt? Meine Kleidung waren fast immer teure Sonderanfertigungen.

Dieser ständige Kampf hat meinen Blick geschärft. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn die Welt nicht für deine Größe gemacht zu sein scheint. Und ich habe gelernt, dass Funktionalität und eine gute Passform kein Luxus sind, sondern die absolute Grundlage, um seinen Job gut und mit Selbstvertrauen machen zu können. Dieses Prinzip gilt im DRK-Einsatz genauso wie im Alltag.

Kleidung, Vorurteile und ein knallroter Kopf

Die prägendste Lektion über die Macht und die Oberflächlichkeit von Kleidung und Aussehen lernte ich jedoch bei einem Hausbesuch. Ich war in voller Dienstmontur zu einem Neuanschluss-Termin bei einer älteren Dame. Ich klingelte, sie öffnete und bat mich freundlich herein. Wir sprachen kaum drei Sätze, als sie mich von oben bis unten musterte und ihr Tonfall schlagartig umschlug.

„Schämen Sie sich eigentlich nicht?“, fragte sie scharf. „So dick, wie Sie sind, zu den Leuten nach Hause zu gehen? Sie nehmen den Menschen doch den ganzen Platz weg! Das Ansehen des DRK wird auch geschädigt, wenn jemand wie Sie dort arbeitet.“

In diesem Moment hätte ich klein beigeben können. Aber ich tat es nicht. Ich lächelte sie an und sagte ruhig: „Okay, wir beenden dieses Gespräch hier. Es muss nicht persönlich werden. Das Rote Kreuz ist vielleicht nicht der richtige Anbieter für Sie, denn wir stehen für alle Menschen ein. Egal wie schwer, wie groß, wie alt oder welcher Nationalität. Wenn Sie das nicht können, gibt es sicherlich andere Anbieter.“

Die Dame bekam einen knallroten Kopf und stammelte, ich solle doch bleiben, was ich verneinte. Daraufhin meinte sie, dass sie sich bei meinem Chef über mich beschweren wolle.

Ich sagte: „Kein Problem. Hier, ich gebe Ihnen meine Visitenkarte, damit Sie auch genau wissen, bei wem Sie sich beschweren können. Dort steht auch die Telefonnummer drauf.“

Ich legte die Karte auf den Tisch. Sie nahm sie, ihr Blick fiel auf den Zusatz „Teamleitung“ und sie wurde schlagartig still. Sie sagte nichts mehr. Ich verabschiedete mich und bin gegangen. Von dieser Dame haben wir nie wieder etwas gehört.

Dieser Tag hat mir gezeigt: Du kannst nicht kontrollieren, was andere denken. Aber du kannst immer kontrollieren, mit welcher Haltung und welchem Rückgrat du ihnen begegnest.

Und genau deshalb gibt es den Kuestenkerl. Weil jeder Mann das Recht hat, sich in seiner Kleidung – und damit in seiner Haut – stark, sicher und respektiert zu fühlen. Unabhängig von der Zahl, die auf der Waage oder auf dem Etikett im Kragen steht.

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